Die Familienkonferenz – Ein sinnvolles Ritual, nicht nur zu Corona-Zeiten
Gerade in Zeiten einer Krise ist es für das Zusammenleben in Familien sinnvoll und entlastend, auf das vielfach bewährte Ritual einer sogenannten „Familienkonferenz“ zurück zu greifen.
Der Begriff stammt von dem Psychologen Thomas Gordon (1970). Die Idee ist, dass die Familie einen Raum schafft, in dem sich alle Mitglieder bewusst Zeit nehmen, um Probleme oder Unstimmigkeiten in Ruhe und im gegenseitigen Respekt anzusprechen um gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Grundlage dafür ist das Wissen darum, dass die Familie ein „System“ ist. Das bedeutet, jede/r ist mit allen anderen verbunden und bis zu einem gewissen Grad sind alle voneinander abhängig. Eine Krise / ein Konflikt oder Unstimmigkeiten wirken in das System hinein wie ein Stein, der im Wasser Wellen verursacht.
Die Gründe dafür, eine solche Konferenz „einzuberufen“, können vielfältig sein. Wichtig ist, dass jedes Familienmitglied die gleiche Zeit bekommt, um ein Anliegen vorzutragen. Alle anderen hören erst einmal still zu, danach ist auch „aktives Zuhören“ sinnvoll: „Also du sagst, dass es dich stört, wenn….“ Dies stärkt die Empathie und Missverständnissen wird vorgebeugt! Der Vortragende kann abschließend noch einen Wunsch äußern oder einen Vorschlag machen, bevor sich alle anderen äußern können.
Es kann sinnvoll sein, dass ein Mitglied die Konferenz / das Gespräch „leitet“, ein wenig in Bahnen lenkt; diese Aufgabe können durchaus auch Kinder übernehmen!Wichtig ist, darauf zu achten, dass es nicht zu einer „Diskussion“ kommt, sondern der Fokus wirklich auf dem Zuhören und Verstehen liegt sowie auf der Suche nach Lösungen und Alternativen, die für alle stimmig sind.
Hilfreich sind „Ich“-Botschaften: „Es ärgert mich, wenn du…, weil mir Ordnung wichtig ist!“ (Anstatt: „Du lässt immer überall irgendetwas liegen!“)
Einige Familien setzen sich sehr regelmäßig zusammen, andere berufen die Konferenz eher dann ein, wenn es größere Themen gibt oder die Gesamtstimmung in der Familie nicht gut ist.
Die Länge der Familienkonferenz sollte vom Alter der Kinder abhängig gemacht werden; möglich sind solche Zusammenkünfte bereits für Kinder im Kindergartenalter!
Viele Erfahrungen zeigen, dass Entscheidungen, die in einem solchen Rahmen getroffen wurden, längerfristig zu Veränderungen führen, denn alle fühlen sich mit diesem Thema „verbunden“ durch den gemeinsamen Fokus.
Grundlegende Signale, die von solchen Familienkonferenzen ausgehen, sind:
- Unsere Familie nimmt sich Zeit, miteinander zu sprechen und Lösungen zu suchen.
- Wir achten darauf, wie wir miteinander sprechen.
- Die Ansichten jedes/jeder Einzelnen werden gehört und geachtet.
Dabei kann es vorkommen, dass dieses Ritual eine gewisse „Übungszeit“ benötigt oder auch nicht jede Konferenz zu einem durchschlagenden Erfolg führt. Doch der wertschätzende, achtsame Umgang miteinander wird in jedem Fall gefördert!